Die 13 „GLAUBENSARTIKEL“
der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
(„Mormonen“)
Kommentiert von Richard Packham
(übersetzt von Manfred Trzoska)
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Die „Glaubensartikel“ sind ein Teil der mormonischen Heiligen Schrift. Weil sie von Mormonenmissionaren kostenlos an Nichtmormonen verteilt werden, um bei einem potenziellen Bekehrten genügend Interesse zu wecken, den Interessenten zum weiteren Zuhören zu bewegen, verdienen sie eine sorgfältigere Untersuchung als einfach nur ein oberflächliches Durchlesen. Ein oberflächliches Lesen dieser 13 Artikel könnte einem nichts ahnenden Christen den Eindruck vermitteln, dass Mormonen im Allgemeinen die grundlegenden Lehrsätze des Christentums zugeschrieben werden. Dieser Eindruck wäre falsch, wie nur eine kleine Untersuchung der mormonischen Lehren oder die Geschichte zeigen wird. Dies versucht dieser Artikel zu erreichen.
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Als Hintergrund zum Ursprung der Artikel sei hier ein Auszug aus der halb offiziellen Encyclopedia of Mormonism, und zwar aus dem Artikel „Glaubensartikel“ von David J. Whittaker, angeführt:
1842 schickte Joseph Smith auf besondere Nachfrage John Wentworths (Herausgeber des Chicago Democrat) einen kurzen Abriss über seine eigenen religiösen Erfahrungen und über die Geschichte der Kirche, über die er präsidierte... Am Ende seines historischen Abrisses fügte er eine Auflistung hinzu, die den „Glauben der Heiligen der Letzten Tage“ zusammenfasste. Später als „Glaubenartikel“ betitelt wurden diese 13 Punkte das erste Mal in der Nauvoo Times and Seasons im März 1842 veröffentlicht und später in der Bröschüre von 1851 der Britischen Mission „Die Köstliche Perle“ eingebunden, die von Elder Franklin D. Richards zusammengestellt wurde. Diese Broschüre wurde 1878 und nochmals 1880 überarbeitet. 1880 stimmte eine Generalkonferenz der Kirche darüber ab, die Köstliche Perle den Standardwerken der Kirche hinzuzufügen, wodurch somit die 13 Artikel mit eingeschlossen wurden. Die Glaubensartikel stellen keine Zusammenfassung des gesamten HLT-Glaubens dar, und sie sind kein Glaubensbekenntnis im traditionellen christlichen Sinne, aber sie liefern eine zuverlässige Zusammenfassung der HLT-Schriften und Glaubenslehren...
Die Kanonisierung des Wentworth-Briefes als Teil der Köstlichen Perle im Jahre 1880 spiegelt seinen unwidersprochenen Vorrang wider und bestätigt ihn. Und als James E. Talmage 1891 von der Ersten Präsidentschaft gebeten wurde, ein Werk der Theologie für den Gebrauch als Textbuch in den Kirchenschulen zu erstellen, waren es diese Glaubensartikel, die er als Grundlage für seinen Band benutzte. 1899 zum ersten Mal veröffentlicht und heute immer noch im Gebrauch arbeitet Talmages Die Glaubensartikel kunstvoll die Themen von Joseph Smiths Wentworth-Liste heraus...
Schon in den 1850ern druckten HLT-Missionare in Übersee etwas, das die Glaubensartikel enthielt. Mit der Zeit wurden diese Missionarsplakate auf Brieftaschengröße verkleinert und werden immer noch von Missionaren in der ganzen Welt benutzt. In den Primarvereinigungsklassen der Kirche lernen Kinder die Glaubensartikel als Voraussetzung für eine Abschlussprüfung im Alter von zwölf auswendig, und Erwachsene werden ebenfalls ermuntert, sie zu lernen und für das persönliche Studium und in der Missionarsarbeit zu benutzen.
Obwohl sie kein formelles Glaubensbekenntnis sind, sind die Glaubensartikel eine wunderbare abgekürzte Zusammenfassung (weniger als 400 Wörter) der grundlegenden Glaubenslehren der Kirche Jesu Chrsti der Heiligen der Letzten Tage.
(Siehe auch die History of the Church, Bd. 4, S. 535-541)
Die Glaubensartikel
1. Wir glauben an Gott, den ewigen Vater und an seinen Sohn Jesus Christus und an den Heiligen Geist.
Jeder nichtmormonische Christ, der diese Aussage mormonischen Glaubens liest, würde wahrscheinlich daraus schließen: „Das ist genau, was ich auch glaube! Die Mormonen haben denselben Glauben über die Dreieinigkeit wie andere Christen!“ Unglücklicherweise bedeuten diese Worte im Mormonismus etwas ziemlich anderes als im Mainstream-Christentum.
Gott der Vater war laut Mormonenlehre nicht immer Gott, sondern er wurde Gott, nachdem er durch denselben Prozess gegangen war, durch den alle Menschen gehen, indem er mit einem Körper in eine Welt geboren wurde, den Gesetzen gehorchte, die ihm (durch SEINEN „Gott Vater“) gegeben wurden, zu ewigem Leben auferweckt wurde und zu Gottestum fortschritt. Treue Mormonen glauben, dass sie sich ebenso auf demselben Weg befinden, um Götter zu werden und letztendlich wie Gott über Universen zu regieren, die erschaffen und mit geistigen Nachkommen bevölkern werden, so wie Gott der Vater es getan hat. Somit ist Gott, obwohl er nicht immer Gott „von aller Ewigkeit [in der Vergangenheit] an“gewesen ist, wie Christen es glauben.
Die Phrase „ewiger Vater“ bedeutet Mormonen auch etwas anderes, da Mormonen glauben, dass Gott buchstäblich unser geistiger Vater ist, dass er tatsächlich den Geist eines jeden Menschen durch einen geistigen, quasi geschlechtlichen Verkehr mit seiner Gemahlin, unserer „Mutter im Himmel“ zeugte.
„Sein Sohn Jesus Christus“ bedeutet für Mormonen, dass Jesus der buchstäbliche Sohn Gott Vaters ist, und zwar in derselben Weise und aus demselben Grund, wie und warum ich der Vater meines Sohnes bin: Mormonen glauben, dass Gott der Vater die Jungfrau Maria schwängerte, indem er eine geschlechtliche Beziehung mit ihr hatte und mit ihr vorübergehend verheiratet war.
Mormonen glauben nicht an die traditionelle christliche Lehre von der Dreieinigkeit. Sie glauben, dass die drei Mitglieder der Gottheit getrennte und verschiedene Personen sind, die als eine Art Komitee wirken. Die mormonische Tempelzeremonie zum Beispiel zeigt das Drama der Schöpfung, bei der Elohim (Gott der Vater) Anweisungen an Jehovah (Gott der Sohn) und den Engel Michael gibt, sie auszuführen und dann „zurückzukehren und zu berichten“.
Es scheint im Mormonismus eine gewisse Verwirrung in Bezug auf den Heiligen Geist zu geben. Einige Mormonenführer haben versucht, zwischen dem „Heiligen Geist“ und dem „heiligen Geist“ zu unterscheiden, da sie glauben, dass das dritte Mitglied der Gottheit eine Person ist, aber eine Person mit einem geistigen Körper, nicht mit einem Körper aus Fleisch. Da aber viele Schriftstellen darauf hinweisen, dass der Heilige Geist in einer Person wohnen und gleichzeitig an vielen Orten sein kann, ist die Vorstellung, dass er sogar räumlich beschränkt ist, problematisch. Für Mormonen ist es ein weiteres Problem, warum nicht jedes Mitglied der Gottheit einen Körper aus Fleisch haben sollte, da die Schritte zum Status eines Gottes die körperliche Auferstehung voraussetzen.
2. Wir glauben, dass alle Menschen für ihre eigenen Sünden bestraft werden und nicht für Adams Übertretung.
Dies klingt wie ein gerechter Grundsatz. Mormonen glauben aber, dass einige Menschen mit dunkler Haut (Indianer) nicht weiß sind (eine wünschenswertere Farbe in der Mormonentheologie), weil ihre Vorfahren nicht rechtschaffen waren. Mormonen behaupten, dass „mit einer dunklen Haut verflucht“ (die Redeweise, die in mormonischen Schriften verwendet wird) zu sein, streng genommen keine „Bestrafung“ ist, sondern einfach die „natürliche Folge“ von Sünde, entweder im vorirdischen Dasein (Neger) oder durch Vorfahren (Indianer). Eingeborene Amerikas mit dunkler Haut werden allmählich weißer, wenn sie rechtschaffene Mormonen werden.
Beachten Sie auch, dass das, was Adam tat, nicht „Sünde“ genannt wird, sondern eine „Übertretung“, was die mormonische Vorstellung widerspiegelt, dass, obwohl Adam ungehorsam war, sein Ungehorsam keine Sünde war, da er als Teil von Gottes Plan notwendig war.
3. Wir glauben, dass durch das Sühnopfer Christi die ganze Menschheit selig werden kann durch Befolgen der Gesetze und Verordnungen des Evangeliums.
Obwohl dies scheinbar zu sagen versucht, dass Christi Sühnopfer Erlösung bewirkt, sagt es genau das Gegenteil: Die Menschheit wird durch „Gehorsam“ erlöst und durch die „Verordnungen des Evangeliums“ (das grobe Gegenstück von dem, was im Katholizismus die „Sakramente“ genannt wird). Dies ist einer der ersten Unterschiede, die protestantische Christen am Mormonismus bemerken: Im Mormonismus kommt Erlösung nicht durch Gnade, sondern durch „Werke“ - was man eben tut oder nicht tut.
Aber Mormonen setzten der Macht des Sühnopfers Christi sogar ein Grenze. Es gibt bestimmte Sünden, die nicht durch das Opfer Christi gesühnt werden können: Die Verleugnung des Heiligen Geistes (die „unverzeihliche Sünde“), das Vergießen unschuldigen Blutes und – in Abhängigkeit, an welche mormonische Autorität man glaubt – Sünden wie Ehebruch. Für diese Sünden wird nur das Vergießen des Blutes des Sünders ihn erlösen. Dies ist die Lehre der „Blutsühne“, die heute nicht viel unter den Mormonen diskutiert wird, da sie keine Lehre ist, die potenzielle Bekehrte nicht attraktiv finden würden. Aber im frühen Utah wurde sie umfassend gelehrt und sogar praktiziert.
4. Wir glauben, dass die ersten Grundsätze und Verordnungen des Evangeliums sind: 1. Glaube an den Herrn Jesus Christus; 2. Buße; 3. Taufe durch Untertauchung zur Vergebung der Sünden; 4. das Auflegen der Hände für die Gabe des Heiligen Geistes.
Dies klingt sehr nach traditionellem Christentum, aber dies sind nur die ERSTEN Grundsätze. Dies ist die „Milch“, die potenzielle Bekehrte bekommen, bevor ihnen das „Fleisch“ gegeben wird, das aus allen anderen Geboten und Verordnungen besteht, durch die jemand gehen muss, um jenseits der bloßen Schwelle des Himmels voranschreiten zu können. Mormonen streben alle nicht nach der „Erlösung“, sondern nach der „Erhöhung“ (d. h. Gottestum), die weit mehr abverlangt als dieser Artikel es andeutet.
5. Wir glauben, dass ein Mann von Gott berufen sein muss durch Offenbarung und durch das Auflegen der Hände derer, welche die Vollmacht dazu haben, das Evangelium zu predigen und in dessen Verordnungen zu amtieren.
Dies bedeutet, dass nur die Männer, die das mormonische Priestertum tragen, von Gott bevollmächtigt sind, zu predigen, zu taufen, Kranke zu segnen oder gültige religiöse Rituale zu vollziehen. Die Priester, die Geistlichen, Pastöre und andere Geistlichkeiten aller anderen Kirchen handeln ohne Vollmacht und somit werden ihre Handlungen von Gott nicht akzeptiert. Sie sind in Gottes Augen vollkommen ungültig und wertlos.
6. Wir glauben an die gleiche Organisation, die in der ursprünglichen Kirche bestand, nämlich: Apostel, Propheten, Hirten, Lehrer, Evangelisten usw.
Als die Mormonenkirche gegründet wurde (1830), gab es unter vielen frommen Reformierern den weit verbreiteten Glauben, dass die wahre Kirche Christi denselben organisatorischen Mustern folgen und dieselben Lehren und Praktiken wie in der Urkirche der Jünger haben sollte, die Jesus kannten. Diese Aussage spiegelt diese Vorstellung wider und ist ein Hauptargument der Mormonen, um potenzielle Bekehrte zu überzeugen, dass die Mormonenkirche die „wahre Kirche“ ist.
Bei näherer Untersuchung zerstören aber die Logik und die Fakten dieses Argument. Siehe "The Mormon Church vs. The New Testament Church", um eine detailierte Gegenüberstellung zu erhalten.
7. Wir glauben an die Gabe der Zungen, Prophezeiung, Offenbarung, Gesichte, Heilung, Auslegung der Zungen usw.
In den frühesten Tagen der Kirche wurden diese Gaben als allgemein üblich vorgegeben und als Beweis dafür zitiert, dass der heilige Geist unter ihnen war. In der modernen Kirche ist ihre Anwendung eher beschränkt.
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Zungen: Vor der Gabe der Zungen wird in ihrer traditionellen Form („Glossolalia“) eigentlich abgeschreckt. Die Mormonen sehen diese Gabe hauptsächlich in der Tatsache vorhanden, dass ihre Missionare fremde Sprachen erlernen.
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Prophezeiung: Zur Prophezeiung wird unter den Mitgliedern nicht ermuntert, sondern sie wird von den meisten Mormonen als auf den Präsidenten der Kirche beschränkt angesehen, und einer seiner Titel ist „Prophet“. Aber sogar die Präsidenten der Kirche haben in den letzten hundert Jahren so selten prophezeit (d. h. bestimmte Vorhersagen über künftige Ereignisse gemacht). Vielleicht ist der Grund dafür, dass Prophezeiungen von Mormonenpropheten so selten durch nachfolgende Ereignisse bestätigt wurden (siehe zum Beispiel Smiths oder Youngs unerfüllte Prophezeiungen).
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Offenbarung: Mormonen glauben, dass sie häufig persönliche Offenbarungen bekommen, die ihnen Ratschläge und Information von Gott über Dinge des täglichen Lebens geben. Unglücklicher Weise kann dies bei einigen Mormonen so dominant werden, dass sie nicht einmal die einfachsten Entscheidungen treffen, ohne den Rat vom Heiligen Geist zu erwarten.
Offenbarung zu Dingen, die die Lehre betreffen, ist aber auf den Präsidenten der Kirche beschränkt, der auch den Titel „Offenbarer“ trägt. Der gegenwärtige Träger dieses Amtes sagte aber: „Wir brauchen nicht viel Offenbarung, wir müssen mehr Aufmerksamkeit auf die Offenbarung richten, die wir schon erhalten haben.“ (Gordon B. Hinckley, in einem Interview mit dem San Francisco Chronicle, 13. April 1997). Durch diese Aussage erfüllte er eine Prophezeiung im Buch Mormon:
Ja, weh dem, der sagt: Wir haben erhalten und wir brauchen nichts mehr!... Wehe dem, der sagen wird: Wir haben das Wort Gottes erhalten, und wir brauchen nichts mehr davon, denn wir haben genug! Denn sehet, so spricht Gott, der Herr:... denn dem, der empfängt, will ich mehr geben; und dem, der sagt, er habe genug, soll selbst das genommen werden, was er hat. (2. Nephi 28:27-30)
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Visionen: Joseph Smith hatte seiner eigenen Aussage gemäß viele Visionen und viele Begegnungen mit Engeln und er zögerte nicht, anderen darüber zu erzählen. Moderne Mormonen, sogar die Führer, scheinen schweigsamer zu sein. Oder haben sich die Visionen verlangsamt oder sogar ganz aufgehört (wie in Micha 3:5-11 prophezeit)?
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Heilung: Mormonen glauben sehr an die Macht des mormonischen Priestertums, Kranke zu heilen, besonders, wenn sie mit geweihtem Olivenöl gesalbt werden. Ihre Wunder der Heilung sind aber nicht erstaunlicher oder wunderbarer als ähnliche Heilungen als Folge eines einfachen Gebetes bei denen, die nicht an den Mormonengott glauben. Und die Mormonen weichen ihrem Glauben auch aus, indem sie ausgebildetes medizinisches Personal zu Rate ziehen, wenn sie ernsthaft krank sind.
8. Wir glauben an die Bibel als das Wort Gottes, soweit sie richtig übersetzt ist; wir glauben auch an das Buch Mormon als das Wort Gottes.
Hier wird angedeutet, dass man sich nicht völlig auf die Bibel verlassen kann, da es Fehler bei der Übersetzung gegeben hat. Mormonen glauben auch, dass viele „klare und kostbare Teile“ aus der Bibel entfernt worden sind (1. Nephi 13:24-29). Beachten Sie, dass auf das Buch Mormon die gleiche Einschränkung nicht vorgenommen wird, das keine Übersetzungsfehler enthalten kann, da Mormonen glauben, dass es durch göttliche Führung übersetzt wurde. Moderne Mormonengelehrte sind aber gezwungen, während sie versuchen, die dargestellten Ereignisse in diesem Buch mit einem tatsächlichen Schauplatz in Amerika überein zu bekommen, darauf hinzuweisen, dass es tatsächlich Wörter im Buch Mormon gibt, die nicht richtig übersetzt worden sind. Dies ist die hauptsächliche Erklärung, die sie für die vielen Anachronismen (Stahl, Pferde, Weizen, Wagen usw.) bieten. Auch sind mehr als 3.000 Änderungen und Korrekturen seit der Veröffentlichung der ersten Ausgabe im Jahr 1830 vorgenommen worden, wobei einige die Lehre betreffen.
9. Wir glauben alles, was Gott geoffenbart hat, alles, was er jetzt offenbart, und wir glauben, dass er noch viele große und wichtige Dinge offenbaren wird in Bezug auf das Reich Gottes.
Dies ist nicht ganz wahr. Es gibt viele Dinge, von denen Mormonenpropheten behauptet haben, dass sie ihnen „offenbart“ wurden, und trotzdem glaubt die Kirche nicht mehr an sie. Die Erklärung ist gewöhnlich, dass der Prophet sich geirrt hätte oder nur seine persönliche Meinung zum Ausdruck gebracht hätte, und somit war es nicht wirklich Gott, der dies dem Propheten offenbarte. Beispiele sind Brigham Youngs Offenbarung, dass Adam Gott ist (Einzelheiten hier) oder Präsident Taylors Offenbarung, dass die Vielehe niemals aufgegeben werden sollte.
Ein weiteres Beispiel der Missachtung dessen, was Gott offenbart hat, ist die massive Änderung vieler früher Offenbarungen Joseph Smiths, wie sie im Buch der Gebote (1833) veröffentlicht wurden und wie sie später in Lehre und Bündnisse (1835) veröffentlicht wurden. Somit glauben Mormonen heute nicht, was Gott 1833 offenbarte – zumindest in der Form, wie er es offenbarte (und was er selbst als „wahr“ bestätigte – L&B 1:6, 24, 37, 67:4). Um die Änderungen mit dem Original zu vergleichen, klicken Sie hier.
10. Wir glauben an die buchstäbliche Sammlung Israels und an die Wiederherstellung der zehn Stämme; dass Zion (das Neue Jerusalem) auf diesem (dem amerikanischen) Kontinent aufgebaut werden, dass Christus persönlich auf der Erde regieren und dass die Erde erneuert werden und ihre paradiesische Herrlichkeit erhalten wird.
Von Gott wurde erlassen, dass die „Sammlung“ in Amerika stattfinden sollte (L&B 29:7-9) und bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden Mormonenbekehrte in anderen Ländern gedrängt, nach Utah zu kommen. Aber die moderne Kirche glaubt offensichtlich nicht mehr an diese Sammlung, da sie jetzt die neuen Bekehrten ermutigt, in ihren Heimatländern zu bleiben.
In diesem Szenario wird nicht der Mormonenglaube erwähnt, dass Christi Regierung, wenn er persönlich auf der Erde regieren wird, aus Mormonen bestehen wird und dass der Mormonismus die Grundlage für alle Gesetze und jede Regierung bilden wird.
11. Wir erheben Anspruch auf das Recht, den allmächtigen Gott zu verehren nach den Eingebungen unseres Gewissens, und lassen allen Menschen dasselbe Recht, mögen sie verehren wie, wo oder was sie wollen.
Dieser Artikel trifft offensichtlich nicht auf Mormonen zu, die etwas andere Ansichten zur Lehre haben als diejenigen, die in der Führung sitzen. Solche Leute werden oft von Kirchenautoritäten diszipliniert, es sei denn sie verhalten sich mit ihren Ansichten still. Auch setzen viele Mormonen diesen Glauben nicht in die Praxis um, wenn es um Mitglieder ihrer eigenen Familie geht. Es ist ziemlich üblich, wenn ein Mormone aufhört zu glauben und die Kirche verlässt, um einen anderen Lebensweg einzuschlagen, dass seine mormonischen Familienmitglieder ihn dafür bestrafen, indem sie ihn meiden oder anderweitig den Kontakt mit ihm vermeiden.
12. Wir glauben daran, Königen, Präsidenten, Herrschern und Magistraten untertänig zu sein, den Gesetzen zu gehorchen, sie zu ehren und zu unterstützen.
Dies scheint eine Umsetzung der Ermahnung Jesu zu sein: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist...“, und stellt Mormonen als gesetzesgehorsame Bürger dar. In dem Ausmaße, wie Mormonen diesen Grundsatz praktiziert haben, befähigte es zum Beispiel die deutschen Mormonen, während der Nazi-Diktatur in Deutschland zu überleben, da sie gehorsam die Gesetze befolgten, die von der Nazi-Regierung verkündet wurden (während einige andere religiöse Gruppen, wie die Zeugen Jehovas, wegen Gehorsamsverweigerung ernsthaft verfolgt wurden).
Andererseits, wenn es für Mormonen nicht angenehm war, das Gesetz zu befolgen, ignorierten sie es oft. Beispiele:
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Joseph Smith schloss viele Ehen ohne ordentliche Bevollmächtigung von der Zivilregierung.
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Joseph Smith ging zahlreiche Vielehen ein und verstieß somit gegen das damalige Strafgesetz, das Bigamie verbot.
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Joseph Smith gründete in Ohio eine Bank, ohne eine Bank-Lizenz vom Staat, wofür er gerichtlich verurteilt wurde.
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Zum Zeitpunkt seines Todes befand sich Smith wegen der Anklage im Gefängnis, die von seiner illegalen Zerstörung eine Druckerpresse herrührte, die seinen Kritikern gehörte.
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Als von der US-Regierung Ende des 19. Jahrhunderts Gesetze verabschiedet wurden, die die Ausübung der Polygamie verboten, setzten die Mormonen die Ausübung der Vielehe fort und behaupteten, dass das „Gesetz Gottes“ über jedem menschlichen Gesetz steht. Nachdem die Kirche sich der Praktik 1890 gemäß dem Gesetz offiziell entsagte (um für Utah den Beitritt in die Union zu erlangen), fuhren viele Kirchenbeamte heimlich damit fort, dem Gesetz nicht zu gehorchen, indem sie Vielehen schlossen und selbst solche Ehen eingingen.
13. Wir glauben daran, ehrlich, getreu, keusch, wohlwollend und tugendhaft zu sein und allen Menschen Gutes zu tun; in der Tat können wir sagen, dass wir der Ermahnung Pauli folgen: Wir glauben alles, wir hoffen alles“; wir haben vieles ertragen und hoffen fähig zu sein, alles zu ertragen. Wo etwas Tugendhaftes, Liebenswürdiges oder von gutem Rufe oder Lobenswertes ist, trachten wir nach diesen Dingen.
Dies trifft offensichtlich nicht immer genau zu:
Ehrlichkeit wird nur praktiziert, wenn das Ehrlichsein der Kirche nicht schadet. Wenn das Aussprechen der Wahrheit, dem Image der Kirche oder ihrer Führer schaden würde, dann wird nicht gezögert zu lügen. Für Beispiele klicken Sie hier.
„Allen Menschen Gutes zu tun“ wird offensichtlich nicht auf jene angewendet, die die Kirche als Feinde empfindet. Zum Beispiel drohte Sidney Rigdon in einer berühmten Predigt in Missouri (die „Salzpredigt“, 17. Juni 1838), die Missourianer „auszurotten“, die sich gegen das Anwachsen ihrer politischen Macht stellen, was schließlich zum „Mormonenkrieg“ in Missouri führte. Das Mountain-Meadows-Massaker (11. September 1857) war die Abschlachtung einer Gruppe von nichtmormonischer Aussiedler, die durch das südliche Utah reisten. Das Massaker wurde von örtlichen mormonischen Priestertumsführern organisiert und ausgeführt (Siehe Will Bagleys Buch Blood of the Prophets, um Einzelheiten und Beweise für Brigham Youngs Verstrickung zu erfahren).
Das angebliche Trachten nach „allem Tugendhaften, Liebenswürdigem oder von gutem Rufe oder Lobenswertem“ beschränkt sich auf jene Dinge, die den religiösen Glauben der Mormonen unterstützen, oder wenigstens nicht bedrohen oder kritisieren. In anderen Worten: Alles wird nach der mormonischen Sicht der Dinge gemessen. Mormonen werden häufig davor gewarnt, sich Vorstellungen hinzugeben, die nicht von ihren Führern abgesegnet sind. |